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Deutschsprachige Medien in Israel

IMH-Leiter Björn Akstinat schrieb 2017 den ersten Artikel über die deutschsprachigen Publikationen und Rundfunkprogramme im Heiligen Land – der Beitrag erschien unter anderem im jüdischen Magazin TACHLES aus Zürich:

Man könnte meinen, dass Juden in Israel nach 1945 nicht mehr viel mit der deutschen Sprache zu tun haben wollten und bis heute nicht wollen. Dem ist aber nicht so. Zahlreiche israelische Juden mit deutschen bzw. mitteleuropäischen Wurzeln und deren Nachfahren – auch Jeckes genannt – interessieren sich stark für ihre ehemalige Heimat und die einstige Muttersprache. Oftmals sind es gerade diejenigen, die in der Nazizeit besonders zu leiden hatten. Das Interesse äußert sich nicht zuletzt darin, dass einige von ihnen im Heiligen Land deutschsprachige Medien gegründet haben. Heute existieren in Israel rund zehn Publikationen auf Deutsch – darunter zwei Zeitschriften und mehrere Mitteilungsblätter bzw. Jahrbücher. Außerdem werden mehrere Internetseiten sowie zwei Fernsehsendungen in der Muttersprache der Jeckes produziert.

Schon vor der offiziellen Gründung Israels entstanden die ersten Publikationen. Die Nachfrage danach war groß. Am Anfang des 20. Jahrhunderts kamen tausende Juden aus Deutschland in den Nahen Osten und gründeten Siedlungen und Kibbuz-Gemeinschaften wie Hazorea, Dalia und die Stadt Nahariya. Sie alle konnten häufig kein Hebräisch. 1932 wurde das „MB – Mitteilungsblatt“ der Vereinigung der Israelis mitteleuropäischer Herkunft (Irgun Olei Merkas Europa) in Tel Aviv aus der Taufe gehoben. Es erscheint bis heute ohne Unterbrechung. Die lange Erscheinungsdauer von über 90 Jahren ist ein kleines Wunder. Natürlich hat es mit der Zeit einige Änderungen gegeben. So nahm der Anteil hebräischsprachiger Artikel stetig zu und der Titel lautet jetzt „MB – Yakinton“. Der Zusatz „Yakinton“ stellt ein Wortspiel aus „Jecke“ sowie der hebräischen Bezeichnung für „Zeitung“ (= „iton“) dar – gleichzeitig ist es auch der hebräische Name der Hyazinthe, einer typischen Blume aus dem östlichen Mittelmeerraum. Als Redaktionsleiter fungiert momentan Michael Dak. Er erstellt fünf bis sechs Ausgaben des Verbandsmagazins pro Jahr. Gelesen wird es von bis zu 10.000 Menschen in Israel und im Ausland.

1936 gründete Siegfried Blumenthal, ein aus Berlin ausgewanderter jüdischer Buch- und Pressefachmann, in Tel Aviv die deutschsprachige Tageszeitung „Blumenthals Neueste Nachrichten“. Die Auflage des Blattes überstieg in den 1950er Jahren die der meisten anderen Zeitungen Israels und zu den Kolumnisten gehörten so berühmte Schriftsteller wie Max Brod und Arnold Zweig. Später wurde die Zeitung in „Israel-Nachrichten“ umbenannt. Chefredakteurin war von 1975 bis zu ihrem Tod im Jahre 2007 die bekannte Journalistin und Schriftstellerin Alice Schwarz-Gardos. Sie hatte in der Tel Aviver Redaktion zuletzt nur zwei Mitarbeiter als Unterstützung. Für ihre fast übermenschliche Arbeit als Zeitungsmacherin und Buchautorin wurde sie mit dem deutschen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Sie war Mitbegründerin der Internationalen Medienhilfe (IMH), des Netzwerks der deutschsprachigen Auslandsmedien, und galt lange als älteste Chefredakteurin der Welt. In Wien am 31. August 1916 geboren und in Pressburg aufgewachsen, gelang sie nach abenteuerlicher Flucht 1939 mit ihren Eltern nach Palästina. Zweifellos war sie nach dem Krieg der „Motor“ des Tageblatts. Als sie verstarb, fehlte die entscheidende Kraft. 2010 wurde die Erscheinungsweise der „Israel-Nachrichten“ von täglich auf wöchentlich umgestellt und 2011 kam das endgültige Aus für die gedruckte Zeitung. Glücklicherweise starteten ehemalige Leser unter der Federführung von Dr. Dean Grunwald wenige Monate später in Jerusalem als elektronisches Nachfolgemedium das umfangreiche Internetportal www.israel-nachrichten.org. Doch in der Coronazeit kam die Internetredaktion ins Straucheln. Seit 2021 wird das Portal nicht mehr aktualisiert.

Eine sehr traditionsreiche Zeitung, die wie die „Israel-Nachrichten“ bis vor kurzem erschien, ist „Die Stimme“. Hinter dieser von 1945 bis 2022 veröffentlichten Monatszeitung stand als Herausgeber der Weltverband der Bukowiner Juden in Tel Aviv. Die Redaktionsarbeit erledigte Bärbel Rabi. Sie schrieb in guten Zeiten für rund 1.000 Leser in Israel sowie auch einige Abonnenten in Europa, USA, Südamerika und Australien. Das waren vornehmlich geflüchtete Juden aus der ehemaligen Bukowina, die heute zur Ukraine und zu Rumänien gehört. Am Kiosk konnte man die Monatsschrift nicht erwerben, sondern ausschließlich direkt in gedruckter oder elektronischer Form zugeschickt bekommen. Da die deutschsprachigen Juden mit Verbindung zur Bukowina in Israel natürlich nach und nach wegstarben, war ein Ende der Publikation abzusehen. Für Medien in deutscher Sprache mit anderen und jüngeren Zielgruppen sieht Bärbel Rabi aber durchaus Potential, weil „Deutsch momentan sehr in Mode sei“.

Besonders ansprechend für junge Leute ist die äußerst modern gestaltete Zeitschrift „israel heute“ aus Jerusalem. Sie erblickte 1978 das Licht der Welt. Seitdem berichtet sie alle zwei Monate über Politik, Wirtschaft und Kultur – meist aus einem christlich-jüdischen Blickwinkel. Redaktionsleiter ist Aviel Schneider. Für ihn ist es eine Herzensangelegenheit, der oft realitätsfremden Nahost-Berichterstattung westeuropäischer Medien faktenreiche Artikel, die vor Ort recherchiert wurden, entgegenzusetzen. Ein Großteil der Bezieher sitzt in Deutschland, Österreich und der Schweiz.  . . .

 

Wer die komplette und aktuellste Version des Artikels lesen will oder Kontaktadressen von deutschsprachigen Medien im Ausland erfahren möchte, kann sich bei der Internationalen Medienhilfe (IMH) unter info@medienhilfe.org melden.

Der Autor Björn Akstinat ist der Leiter der Internationalen Medienhilfe, des Verbandes der deutschsprachigen und jiddischsprachigen Medien rund um den Globus. Von ihm stammt unter anderem das Verzeichnis „Jüdische Medien weltweit in Hochdeutsch und Jiddisch“. Es ist das erste seiner Art.

 

Der Text wurde bereits von der „Jüdischen Rundschau“ (Berlin), der Zeitschrift „Tachles“ (Zürich) oder auch dem „DIG-Magazin“ der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft (Berlin) eingekauft und veröffentlicht: