German theater around the world
28. Juli 2024In den vergangenen Jahrzehnten haben Wissenschaftler das Jiddische fast ausschließlich als sterbende Sprache bezeichnet. Doch eine aktuelle Untersuchung der Internationalen Medienhilfe (IMH) hat ergeben: Jiddisch ist quicklebendig und die Zahl der Menschen, die diese deutsche Mundart sprechen, nimmt stark zu.
Der IMH-Leiter Björn Akstinat erklärt: „Wir haben die jiddische Medienszene untersucht und dabei festgestellt, dass nach Jahren des Niedergangs in letzter Zeit immer mehr Zeitungen und Zeitschriften neu gegründet werden. Mehr als die Hälfte der weltweit über 40 existierenden Publikationen sind erst nach der Jahrtausendwende neu entstanden, und zwar fast ausnahmslos in und um New York. Das ist ein klares Indiz für einen starken Anstieg der jiddischsprachigen Bevölkerung. Der Kinderreichtum der dort lebenden orthodoxen Juden macht sich nun deutlich bemerkbar. Die frommen Juden, die Jiddisch als Alltags- und Umgangssprache benutzen, gehören zu den am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppen der USA – so wie die deutschstämmigen Amischen, die untereinander ebenfalls eine deutsche Mundart sprechen.“
Nicht wenige der orthodoxen Familien haben bis zu 10 Kinder. Im New Yorker Vorort Kiryas Joel, der fast zu 100% von Jiddischsprachigen bewohnt wird und in dem es bereits jiddische Straßenschilder gibt, soll es zwischen 2010 und 2023 eine Verdoppelung der Bevölkerungszahl auf rund 40.000 Einwohner gegeben haben. Laut US-amerikanischer Behörden ist das Durchnittsalter in Kiryas Joel das niedrigste aller Orte in den Vereinigten Staaten. Damit ist der Ort wahrscheinlich auch der kinderreichste. Die Kinder wachsen hauptsächlich mit Jiddisch als Muttersprache auf. Englisch ist für sie oft eine Fremdsprache. Insgesamt sollen in den USA nach Schätzungen mittlerweile weit über 500.000 Juden leben, die Jiddisch als Erst- oder Zweitsprache nutzen. Deutschen Touristen ist oft gar nicht bewusst, dass sie mit den jiddischsprachigen Juden in den Vereinigten Staaten meist auch auf Hochdeutsch reden können.
Die jiddische Medienszene weltweit zu durchleuchten, war für den Untersuchungsleiter Björn Akstinat äußerst aufwendig. Insbesondere beim Suchen der jiddischen Zeitungen und Zeitschriften in und um New York musste er wie ein Detektiv vorgehen, um in der abgeschlossenen Welt der othodoxen Juden die nötigen Daten aufzuspüren. Er entdeckte neue Wochenzeitungen, tägliche Mitteilungsblätter, Kinderzeitschriften und Gratis-Anzeigenblätter, die einen wöchentlichen Umfang von über 200 Seiten haben.
Neben den USA sind noch Polen, Russland, die Niederlande und Schweden Erscheinungsländer einzelner jiddischer Veröffentlichungen.
Besonders beachtenswert sind für Deutschsprachige die fast zehn jiddischen Radioprogramme in aller Welt. Einerseits kann man sie hören, ohne die hebräische Schrift, in der Jiddisch meist geschrieben wird, zu beherrschen. Andererseits merkt man beim Hören, wie sehr die „Mameloschn“ dem Hochdeutschen ähnelt und für deutsche Ohren verständlich ist. Alle Programme können nicht nur regional über UKW oder Mittelwelle empfangen werden, sondern auch weltweit via Internet. Das Einschalten lohnt sich unter anderem bei den wöchentlichen jiddischen Sendungen aus Jerusalem/Israel, Winnipeg/Kanada oder Boston/USA.
Die Ergebnisse der Untersuchung wurden im neuen Verzeichnis „Jüdische Medien weltweit in Hochdeutsch und Jiddisch“ des IMH-Verlags zusammengefasst. Dieses erste internationale Verzeichnis entsprechender Zeitungen, Zeitschriften, Radioprogramme, TV-Sendungen und Internetseiten enthält am Ende sogar noch eine Liste mit allen jiddischen Theatern weltweit. Mehr Infos hier: www.imh-service.de/verlag/juedische-medien-weltweit-in-hochdeutsch-und-jiddisch-jewish-media-worldwide-in-high-german-and-yiddish
Bericht aus der Zeitung „Jüdische Allgemeine“ zu unserer Untersuchung und unserer neuen Infoliste:
Auszug aus einem Artikel in „Editor & Publisher“, der bedeutendsten US-Medienfachzeitschrift: